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Internationale Tagung zur Adelsfamilie der Wolkensteiner vom 12. bis 15. September in Brixen

LPA - Eine internationale Tagung zur Adelsfamilie der Wolkensteiner unter der Ägide des Südtiroler Landesarchivs, die vom 12. bis zum 15. September in Brixen über die Bühne geht, soll eine Forschungslücke schließen.

Ahnenprobe der Wolkensteiner

Wer sich in unseren Breiten für das Mittelalter interessiert oder Ritterspiele besucht, der kennt sie: die Gesellschaft des Elefanten. Vielleicht weiß der ein oder andere auch um den historischen Hintergrund für diese Bezeichnung, eine im August 1406 gegründete Adelsgesellschaft unter der Führung der Vögte von Matsch. Kaum bekannt sein dürfte dagegen, dass sich das wichtigste Dokument dazu, der verschollene Bundbrief der „gesellschaft des helffants“, in der einzigen zeitgenössischen Abschrift im Archiv Wolkenstein-Trostburg am Südtiroler Landesarchiv befindet. Der Abschluss der Verzeichnung dieses bedeutenden Adelsarchivs war unmittelbarer Anlass zur internationalen Tagung „Die Wolkensteiner – Facetten des Tiroler Adels in Spätmittelalter und Neuzeit“, die vom 12. bis 15. September in der Hofburg bzw. Cusanus-Akademie in Brixen stattfindet.

Über den Dichter Oswald von Wolkenstein († 1445) gibt es seit langem eine umfangreiche sowohl wissenschaftliche als auch populäre Literatur. Hingegen hat man kaum eine Möglichkeit, sich über die Herren, Freiherren und schließlich Grafen von Wolkenstein zuverlässig zu informieren. Eine gedruckte Familiengeschichte existiert nicht, ja es gibt nicht einmal eine neuere Stammtafel, die als „Kompass“ durch die Jahrhunderte dienen könnte.

Dabei sind die Wolkensteiner – nicht allein wegen des ihren Reihen entstammenden Sängers und Dichters – eine ganz besonders interessante Familie des Tiroler Adels. Im 14. Jahrhundert hervorgegangen aus dem Eisacktaler Niederadelsgeschlecht der Herren von Vilanders, verstanden sie es, im Herrendienst, durch umsichtiges Wirtschaften und nicht zuletzt mittels vorteilhafter Heiraten einen umfangreichen Besitz und hohes Ansehen zu erwerben. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts teilte sich die Familie in die beiden Stämme Wolkenstein-Trostburg und Wolkenstein-Rodenegg, die sich hernach noch weiter verzweigten und die beide noch heute blühen. Frühzeitig griffen die Aktivitäten ihrer Angehörigen über die Grenzen Tirols hinaus: An den Höfen von Wien und Graz, dazu am bayerischen Hof in München standen sie in Diensten und erlangten dabei Einfluss und weiterführende Beziehungen. Desgleichen waren sie in den Dom- und Stiftskapiteln der ganzen Reichskirche erfolgreich, ebenso im Deutschen Orden. Ihre Heiratsverbindungen erstreckten sich bis weit ins Gebiet nördlich der Alpen und umfassten zeitweise nahezu ganz Oberdeutschland. Im nördlichen Schwarzwald und im Vorland der Schwäbischen Alb waren sie seit dem späten 16. Jahrhundert rund hundert Jahre lang Inhaber einer reichsständischen Herrschaft. Ihr Wappen ist auf Burgen und Schlössern sowie auf Grabdenkmälern noch heute vielerorts zu sehen.

Die Tagung „Die Wolkensteiner“ in Brixen hat das Ziel, das derzeit über die Wolkensteiner verfügbare Wissen einmal zusammenzufassen und so gleichsam eine familiengeschichtliche Bresche zu schlagen. Darüber hinaus und zugleich will sie aber auch Grundlagen für eine vertiefte Erforschung der spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Führungsschicht Südtirols schaffen.

Der Schwerpunkt der Tagung liegt in der frühen Neuzeit. Anhand der Rolle der Herren von Vilanders im Tiroler Herrschaftsgefüge des 14. Jahrhunderts, mit dem Versuch einer sozialhistorischen Einordnung des Dichters und Politikers Oswald von Wolkenstein und der Rolle des Adels am maximilianeischen Hof soll aber auch der spätmittelalterliche „Vorlauf“ in den Blick genommen werden. Für das 16. bis 18. Jahrhundert werden Fragen zu den Heiratsstrategien und Familienformen, zum Engagement in der Adelskirche, zu Formen der Erinnerungskultur, zur Teilhabe an der Geschichtsschreibung, zur Betätigung im Bergbau sowie zu ihrer Rolle im Hochstift Trient und als Tiroler Landeshauptleute erörtert. Abschließend kommt die Position des Adels im politischen und sozialen Wandel im 19. und 20. Jahrhundert zur Sprache.

Mit der Publikation zur Tagung in der Reihe „Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs“, die für 2009 vorgesehen ist, soll der landes- und adelsgeschichtlichen Forschung die bislang vermisste Orientierungsmöglichkeit über die Geschichte der Wolkensteiner, einer der prominentesten Tiroler Adelsfamilien, an die Hand gegeben werden.

Mehr Informationen zur Tagung gibt es im Südtiroler Landesarchiv, Armando-Diaz-Straße 8, in Bozen unter der Rufnummer 0471 411950 oder der E-Mail-Adresse: gustav.pfeifer@provinz.bz.it. Das Tagungsprogramm ist im Internet unter http://www.provinz.bz.it/pressnotes/module/pres_getimg.asp?imgID=277729 zu finden.

SAN

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