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Schloss Tirol: Alter jeden Bausteins bestimmt

LPA - Das Landesmuseum für Kultur- und Landesgeschichte Schloss Tirol blickt auf eine zwanzigjährige Bauforschungstätigkeit zurück. Im vergangenen Jahr wurde die Feldforschung abgeschlossen. Die Ergebnisse dieser mehrjährigen Arbeit wurden nun in einer Gesamtdokumentation zusammengefasst, die heute (Freitag, 7. Dezember 2007) im Palais Widmann in Bozen im Beisein von Landeshauptmann Luis Durnwalder, Landesrätin Sabina Kasslatter Mur vorgestellt wurde.

Die Präsentation der Bauforschungsdokumentation zu Schloss Tirol (v.l.n.r. Bitschnau, March, Rachewiltz, LH, SKM, Stampfer, Hauser)

Fast 1200 bauhistorisch untersuchte Bereiche, 12.000 Interpretationen, 300 Holzproben, 560 repräsentative Funde, 8700 Bilddokumente, 675 Plandokumente, 5175 Druckseiten und Gesamtkosten von einer Million Euro - das sind die Eckdaten der nun abgeschlossenen zwanzigjährigen Forschungsarbeiten auf Schloss Tirol. Die Dokumentation wurde heute im Anschluss an die Sitzung des Verwaltungsrates von Schloss Tirol symbolisch dem Präsidenten des Verwaltungsrats, Landeshauptmann Luis Durnwalder, übergeben. Dieser wies auf die besondere Rolle von Schloss Tirol für Gesamttirol und für alle drei Sprachgruppen in Südtirol hin. Daher sei es auch wichtig und richtig über dieses gemeinsame Schloss, seine Anfänge und seine wechselvolle Geschichte im Detail Bescheid zu wissen.

"Wir kennen nun das Alter eines jeden Bausteins", erklärte Bautenressortdirektor und Gesamtkoordinator des Bauforschungsprojektes, Josef March. Er gab im Rahmen der heutigen Übergabe der Abschlussdokumentation Einblick in die Geschichte der umfassenden Bauforschung. Bereits im Jahre 1986 nahm Landesarchäologe Hans Nothurfter mit Studenten erste Forschungsarbeiten am Bergfried auf, die 1988 auf den Südpalas und die Kapelle ausgedehnt wurden. Standen zunächst archäologische, bauanalytische und kunsthistorische Untersuchungen im Vordergrund, so wurden die Forschungen, die von einem Team um Martin Bitschnau vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum durchgeführt wurden, in der Folge auch auf naturwissenschaftliche Bereiche wie die Mineralogie (seit 1999) und die Dendrochronolgie (seit 1993 in Zusammenarbeit mit Kurt Nicolussi von der Universität Innsbruck) ausgedehnt.

Die Forschungsarbeiten fanden Eingang in den Ausbau der Burg und das neue Konzept für das Südtiroler Landesmuseum in den Jahren 1999 bis 2003. Wobei, wie Ressortdirektor March es formulierte, "die Burg das Hauptexponat des Museums ist". Die Untersuchungen ermöglichten nicht nur die Datierung der ersten Bauphase in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts (Dendrochronologie 1138), sie gaben auch Einblick in die frühchristliche Besiedlungsgeschichte des Moränenhügels, auf dem das Tiroler Stammschloss steht. Interdisziplinäre Untersuchungen von 38 Proben des Marmorportals der Kapelle ermöglichten vor allem Rückschlüsse auf deren unterschiedliche Herkunft, aus dem Vinschgau einerseits, aber auch aus dem Sterzinger Raum. "Auch die konsequente Erforschung der Gerüstlöcher hat uns ebenfalls einige Überraschungen beschert", so March.  

Wichtige Forschungsergebnisse wurden in den vergangenen Jahren in der Reihe "Bauforschung auf Schloss Tirol" veröffentlicht. Die bisher erschienenen vier Hefte sollen im kommenden Jahr 2008 durch das fünfte Heft zur Archäologie ergänzt werden. Eine zusammenfassende Endpublikation steht noch aus. Sie soll 2009 spätestens 2010 erscheinen.

Von "einem zwanzigjährigen geistigen Marathon" sprach Martin Bitschnau vom Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum bei der Präsentation der Bauforschungsdokumentation. Komplexe Bauzusammenhänge seien durch innovative Methoden der Bauanalyse durchleuchtet worden. Für Walter Hauser vom Bundesdenkmalamt Tirol sucht das Forschungsprojekt hingegen im europäischen Rahmen seinesgleichen.

Seiner Sorge um die Zukunft der Bauforschung als wissenschaftliche Disziplin gab abschließend Museumsdirektor Siegfried de Rachewiltz Ausdruck, er schloss nicht aus, dass künftig Bauforschungs-Vorlesungen auch auf Schloss Tirol stattfinden könnten.

An der Präsentation nahmen neben LH Durnwalder, Landesrätin Kasslatter Mur, unter anderen auch Landeskonservator Helmut Stampfer, Martin Mittermair und Sonja Mitterer vom Forscherteam sowie Chefarchäologe Lorenzo Dal Ri und der ehemalige Landesarchiv-Leiter Josef Nössing teil.

Einblick in Teile der Bauforschungsdokumentation können alle Interessierten ab kommender Woche auf den Seiten des Landesmuseums Schloss Tirol unter www.schlosstirol.it nehmen.

jw

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