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Oberstufenreform: LRin Kasslatter Mur zieht Zwischenbilanz

Nach den Aussprachen mit Direktoren, Lehrern, Sozialpartnern und Eltern hat Landesrätin Sabina Kasslatter Mur heute (20. Oktober) eine Zwischenbilanz der Diskussion rund um die Oberstufenreform gezogen. Eingegangen ist sie dabei auch auf die in der Debatte aufgeworfenen Knackpunkte der Reform: die Musikausbildung, die klassischen Gymnasien oder die Senkung der Unterrichtsstunden.

Haben Zwischenbilanz gezogen: (v.l.) Abteilungsdirektor Duregger, Schulamtsleiter Höllrigl und LRin Kasslatter Mur (Foto: Pertl)

Anfang Oktober waren Entwürfe des Schulverteilungsplans und der Rahmenrichtlinien an die Betroffenen verteilt worden. "Ersterer regelt, welche Schultypen wir aus dem staatlich vorgegebenen Menu auswählen und wo wir sie anbieten", so Kasslatter Mur heute. In den Rahmenrichtlinien werden dagegen die pädagogischen Grundsätze definiert, und zwar in Form von Stundentafeln, Unterrichtszeiten oder Jahresvorgaben.

Seit der Verteilung der Entwürfe - und nach den zahlreichen Aussprachen - sind über 220 Rückmeldungen von Fachgruppen, Vereinigungen, Schulen und Privatpersonen im Schulamt und bei Kasslatter Mur persönlich eingetroffen. Anlass für die Landesrätin, eine Zwischenbilanz zu ziehen, bevor die Diskussion bei weiteren Treffen fortgesetzt wird. "Leider ist der zeitliche Rahmen relativ eng, weil wir bereits Mitte November einen ersten Entwurf der beiden Dokumente in der Landesregierung absegnen müssen, um ihn zeitgerecht dem Landesschulrat und dem Rat der Gemeinden zur Begutachtung zu übermitteln", so Kasslatter Mur heute.

Alles in allem, so hat die Landesrätin heute vermerkt, seien die vorgelegten Entwürfe der Richtlinien sowie des Verteilungsplans positiv aufgenommen worden. "Vor allem bei den Schulführungskräften habe ich das Gefühl, dass eine breite Mehrheit die Inhalten der beiden Papiere teilt, auch wenn sechs, sieben Direktoren zum Teil heftig protestieren", so die Landesrätin, die heute mit Schulamtsleiter Peter Höllrigl, den Abteilungsdirektoren Arthur Pernstich und Peter Duregger sowie den Inspektorinnen Marta Herbst und Eva Maria Brunnbauer vor allem die Knackpunkte der Reform-Vorschläge beleuchten wollte, angefangen bei der musikalischen Ausbildung.

"In den Diskussionen des Entwurfs des Schulverteilungsplans ist der Wunsch aufgetaucht, auch künftig Gymnasien mit einem musikalischen Schwerpunkt oder eigene Musikgymnasien vorzusehen", so Kasslatter Mur, die heute einen Vorschlag vorgelegt hat, der die gesamte musikalische Ausbildung in der Oberstufe auf neue Beine stellen würde. Der Vorschlag sieht zunächst kein eigenes Musikgymnasium vor, sehr wohl aber die Möglichkeit, die Musikschwerpunkte an bestimmten Oberschulen fortzuführen. Zudem soll den anderen Schulen die Chance gegeben werden, auf Musiklehrer zurückzugreifen, um an ihren Schulen Musikunterricht oder musikalische Projekte anbieten zu können. Unterrichtet würden die Schüler von Lehrern, deren Stellen künftig über eine gemeinsame Rangordnung von Lehrern der Musikschulen des Landes und Musiklehrern an Oberschulen besetzt würden.
Die Vorteile dieser Lösung sind mehrere: Zum ersten müssen Schüler, die auch eine musikalische Ausbildung durchlaufen wollen, nicht unbedingt die Oberschulen mit musikalischem Schwerpunkt besuchen. "Vielmehr könnten musikalische Talente an allen Schulen gefördert werden, indem man auf verfügbare Musiklehrer zurückgreifen kann", so die Landesrätin. Zudem würden zwei bisher getrennte Gruppen von Lehrpersonen dienstrechtlich gleichgestellt, die bereits dasselbe leisten. "Wir würden zudem den Musiklehrern an den Oberschulen die Möglichkeit eröffnen, in die Stammrolle zu kommen und sie pensionsrechtlich besser absichern", so der Schulamtsleiter. Und zu guter Letzt will man auch erreichen, dass die bestehenden schulischen Strukturen besser genutzt werden, indem sie auch für den Musikschul-Unterricht zur Verfügung gestellt werden.

Zweiter Knackpunkt der Diskussion war bisher das Angebot an klassischen Gymnasien, von denen es künftig nur mehr ein öffentliches in Meran und zwei private in Bozen und Brixen geben soll. "In Sachen klassisches Gymnasium ist noch keine definitive Entscheidung getroffen worden, es ist aber klar, dass wir verlangen werden, für die Einrichtung einer eigenen Schule mindestens 20 Einschreibungen jährlich vorweisen zu können", so Kasslatter Mur. Angesichts der aktuellen Schülerzahlen scheint es unwahrscheinlich, dass diese Zahl erreicht wird. So gibt es derzeit in Bruneck keinen Schüler am klassischen Gymnasium, in Meran keine fünfte Klasse, in Bozen fehlen gar die erste, dritte und vierte Klasse.

Dritter Knackpunkt ist die Verteilung der Fachrichtungen der künftigen Fachoberschulen. So soll es künftig nur in Bozen eine technische Fachoberschule mit der Fachrichtung Bauwesen geben, die als Nachfolger der Oberschule für Geometer gilt. "Gefordert wird eine solche Schule auch in Meran, Brixen und Bruneck, wir haben sie aber nur in Bozen vorgesehen, weil die Ausstattung sehr teuer ist, spezialisierte Lehrpersonen nur schwer zu finden sind und in Bozen in der neu errichteten Schule auch noch Platz für weitere rund 250 Schüler wäre", so die Landesrätin.
Auch die Zuweisung der als Nachfolger der Handelsoberschule angesehenen wirtschaftlichen Fachoberschule für Verwaltung, Finanzen und Marketing ist noch in Diskussion. Vor allem der Schwerpunkt Handel und Weltwirtschaft ist begehrt, dieser sollte laut Vorschlag des Landes aber nur in Sand in Taufers und Auer eingerichtet werden. "Dies, weil an den anderen Standorten bereits ganz ähnlich ausgerichtete Schulen im Angebot sind", so Kasslatter Mur, die als Beispiel Bozen mit seinem Sprachgymnasium oder der Fachoberschule für Tourismus nennt.

Grundsätzlich hat die Landesrätin heute noch einmal betont, dass jede Schule künftig die Möglichkeit habe, auch autonom Schwerpunkte zu setzen. "Wir müssen zwar die Fächertafel des Staates übernehmen, es gibt aber einen Spielraum in Höhe von 20 Prozent, innerhalb dessen die Schulen die Stundenzahlen von Fächern absenken, erhöhen oder neuen Fächern zuweisen können", so Kasslatter Mur. In solchen Fällen entscheidet das Lehrerkollegium. "Autonomie sind nun einmal nicht nur neue Kompetenzen, sie ist manchmal auch eine Bürde", so die Landesrätin dazu.
Spielraum gebe es zudem mit der Zuweisung von einer Stunde Wahlfach und einer Stunde fächerübergreifendem Unterricht pro Woche. Weitere 10 Prozent der Stundentafel können zudem von der Landesregierung autonom verwaltet werden. "Auf der Grundlage dieser autonomen Spielräume würden etwa die Oberschulen mit musikalischem Schwerpunkt entstehen", so Kasslatter Mur.

Als weiteren Knackpunkt nannte die Landesrätin heute die Senkung der Wochen-Unterrichtseinheiten auf 33 (Biennium) bzw. 34 (Triennium) an Gymnasien sowie auf 34 bzw. 35 an Fachoberschulen. "Wir sind der Meinung, dass die Schüler bei einem Mehr an Unterricht an ihre Belastungsgrenzen stoßen, vor allem, wenn auf die herkömmliche Unterrichtsform zurückgegriffen wird", so Kasslatter Mur. Über eine Erhöhung der Stunden könne demnach von Fall zu Fall verhandelt werden, allerdings nur, wenn innovative Unterrichtsmodelle angeboten werden - etwa auch in Form der Ganztagsschule.

Weniger genau definiert wie die Bereiche der beiden anderen Säulen ist derzeit jener der Berufsbildung. "Dies hat damit zu tun, dass wir in diesem Bereich keine Genehmigung aus Rom brauchen und daher zeitlich einen größeren Spielraum haben", so Kasslatter Mur. Abteilungsdirektor Peter Duregger erinnerte heute daran, dass auch künftig das Berufsbildungsangebot in Absprache mit den Sozialpartnern geplant werde. "Die Berufsbildung ist flexibel und muss es auch bleiben", so Duregger heute.

chr

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