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Wissenschaftliche Untersuchungen an "Ötzi": Stellungnahme des Archäologiemuseums

LPA - Die in einem Interview der schwedischen Tageszeitung "Svenska Dagbladet" am gestrigen Dienstag, 21. Dezember, veröffentlichten Aussagen zu den wissenschaftlichen Untersuchungen am Mann aus dem Eis enthalten Ungenauigkeiten und Falschdarstellungen. Dies teilen die Direktion des Südtiroler Archäologiemuseums und die für die Untersuchung und Konservierung der Gletschermumie verantwortlichen Wissenschaftler mit.

Am gestrigen 21. Dezember 2010 hat die schwedische Tageszeitung "Svenska Dagbladet" ein Interview mit dem schwedischen Bakteriologen Lars Engstrand zu den im November 2010 vorgenommenen wissenschaftlichen Eingriffen an der Gletschermumie "Ötzi" veröffentlicht. Engstrand ist bei den Untersuchungen selbst dabei gewesen und spricht unter anderem davon, "ein zehn Zentimeter großes Loch in den Bauch der Mumie" geschnitten zu haben, um Gewebeproben aus dem Magen- und Darmtrakt zu entnehmen.

Die Direktion und die Wissenschaftler des Südtiroler Archäologiemuseums, die für die Konservierung von "Ötzi" verantwortlich zeichnen, unterstreichen, dass die Aussagen von Lars Engstrand Ungenauigkeiten und Falschdarstellungen enthalten, die die wissenschaftlichen Untersuchungen an der Gletschermumie in ein völlig falsches Licht rücken, und legen auf folgende Richtigstellung Wert:

Tatsächlich fand Anfang November 2010 in Bozen im Südtiroler Archäologiemuseum eine Probenentnahme an der Mumie statt. Diese war in allen Details genau geplant und von zuständiger, offizieller Seite genehmigt. Die Gründe dafür waren mehrere internationale wissenschaftliche Projekte aus den Fachgebieten der Mikrobiologie, der Genetik, der Konservierungstechnologie und der Forensik.

Die meisten Gewebeproben, deren Gesamtmenge sich auf weniger als drei Gramm belief, stammten aus Muskeln und Bindegeweben der Extremitäten von Körperstellen, deren fehlender Hautüberzug einen schonungsvollen Zugang ermöglichte. Sie dienen in erster Linie der Perfektionierung der Konservierungstechnik. Andere Proben wurden aus dem Inneren der Mumie entnommen, wobei als Zugänge schon vorhandene Hautschnitte gewählt wurden, die von früheren Probenentnahmen stammten. Die Aussage von Lars Engstrand, man habe ein zehn Zentimeter großes Loch in den Bauch geschnitten, ist völlig falsch und entbehrt jeder Grundlage. Tatsache ist, dass als Zugang zum Magen, nachdem eine Speiseröhren-Magenspiegelung mittels Endoskop nicht möglich war, ein schon vorhandener Bauchschnitt (Eingriff aus der Zeit, in der die Mumie an der Universitätsklinik in Innsbruck verwahrt worden war) in einer Hautfalte oberhalb des Nabels gewählt wurde. Es war somit überhaupt nicht notwendig und wäre niemals in Frage gekommen, einen neuen Schnitt zu setzen.

Es wurde von allen beteiligten Wissenschaftlern, auch von Lars Engstrand, eine schriftliche Vereinbarung unterzeichnet, die verpflichtet, über die Eingriffe und Ergebnisse bis zum Abschluss der wissenschaftlichen Untersuchungen striktes Stillschweigen zu wahren. Bei dem Interview handelt es sich somit um einen klaren Verstoß gegen die Regeln der Scientific Correctness.

Angelika Fleckinger, Direktorin des Südtiroler Archäologiemuseums, Bozen

Albert Zink, Direktor des Instituts für Mumien und den Iceman an der EURAC, Bozen

Eduard Egarter Vigl, Konservierungsbeauftragter für den Mann aus dem Eis, Bozen

Anlage: Interview mit L. Engstrand, "Svenska Dagbladet" 21.12.2010 http://www.svd.se/nyheter/inrikes/copper-age-iceman-otzi-defrosted-again_5822359.svd

mpi