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LR Kasslatter Mur: Neues Gesetz macht Lehre attraktiver

Der Landtag hat heute Donnerstag (28. Juni) den von Bildungslandesrätin Sabina Kasslatter Mur eingebrachten Gesetzentwurf zur Lehre genehmigt. Für Kasslatter Mur macht das neue Gesetz das Modell Lehre attraktiver: „Das Gesetz sichert die Lehre ab 15 als den Weg der Berufsbildung für praktisch begabte Jugendliche ab. Die Reform gleicht aber auch die Lehrzeiten an und öffnet den Lehrvertrag für Maturanten oder Akademiker, die künftig mit einem solchen Vertrag in die Arbeitswelt einsteigen werden.“

Südtirol geht seit Jahrzehnten seinen eigenen Weg in der Berufsbildung und setzt erfolgreich auf das duale Ausbildungsmodell, also die parallele Ausbildung in Betrieb und Berufsschule. Der Staat hat 2011 mit einem neuen Lehrlingsgesetz erneut den Versuch gestartet, über die Lehre Ausbildung und Arbeitsmarkt näher zusammenzuführen und will auf diese Weise die hohe Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Da einige Normen des Landes-Lehrlingsgesetzes nicht mit der staatlichen Neuregelung konform sind, mussten jetzt auch die Landesbestimmungen angepasst werden.

Kasslatter Mur, die in der Landesregierung die Berufsbildung verantwortet, beschreibt die Ausgangslage so: „Wir sind die einzige Provinz Italiens, in der die duale Ausbildung traditionell schon sehr gut funktioniert und mit einem anerkannten Abschluss endet. Wir brauchen auch künftig ein Modell, das zum einen von den Jugendlichen und ihren Eltern und zum anderen von den Arbeitgebern gut angenommen wird. Ich wünsche mir, dass die Lehre durch die Reform des Landesgesetzes an Attraktivität gewinnt“. Mit den Berufsverbänden und den Gewerkschaften wurde nach mehreren Anhörungen ein Konsens über die wesentlichen Punkte des Gesetzes gefunden, der heute auch vom Landtag abgesegnet worden ist.

Die neue Lehrlingsordnung sieht - wie von der staatlicher Regelung vorgegeben - drei Typen von Lehre vor: zunächst das bereits bekannte Modell, also die Lehre zum Erwerb einer beruflichen Qualifikation und eines Berufsbildungsdiploms, weiters die so genannte „berufsspezialisierende“ Lehre und schließlich die Lehre zur Höheren Berufsbildung und Forschung.

„Die Situation, dass die Lehre in ein und demselben Beruf im Handwerk fünf und in der Industrie drei Jahre dauert, gehört in der traditionellen Lehre mit dem neuen Gesetz der Vergangenheit an“, sagt Hartwig Gerstgrasser, Bereichsleiter für Berufsbildung im deutschen Bildungsressort. Neu ist auch, dass im vierten Lehrjahr Unterricht an der Berufsschule vorgesehen ist. Der Abschluss des vierten Jahres Lehre eröffnet außerdem den Zugang zum geplanten maturaführenden Jahr in Vollzeit.Für Gerstgrasser ist sehr positiv, dass künftig schulische und betriebliche Ausbildung parallel verlaufen: „Das bedeutet, dass die Lehrlinge nicht mehr ein oder zwei Jahre auf die Gesellenprüfung warten müssen, wie das derzeit in vielen Berufen der Fall ist, sondern bald nach dem Abschluss der Berufsschule zur Prüfung antreten können.

Die berufsspezialisierende Lehre, die zweite Säule des neuen Modells, richtet sich in erster Linie an bis zu 29-jährige Menschen, die die Oberstufe oder ein Universitätsstudium abgeschlossen haben, grundsätzlich kann diese Form der Lehre aber auch ohne Erstausbildung absolviert werden. „Die größte Neuerung im Landesgesetz betrifft die berufsspezialisierende Lehre“, erklärt Cäcilia Baumgartner, Direktorin im Landesamt für Lehrlingswesen und Meisterausbildung. Die berufsspezialisierende Lehre ist zurzeit in Südtirol ähnlich geregelt wie die traditionelle Lehre und hat sich daher bei uns im Gegensatz zu den anderen Regionen nur in wenigen Bereichen etabliert. „Es ist deshalb sinnvoll, diesen Lehrvertrag zu liberalisieren, weil dadurch so genannte ‚atypische Verträge’ wie etwa der Projektvertrag zurückgedrängt werden können und weil die jungen Leute eine Ausbildung bezogen auf ihren speziellen Arbeitsplatz erhalten“, so Baumgartner. Sie rechnet damit, dass sich dieser Vertrag auch in Südtirol als Einstiegsvertrag für junge Leute durchsetzen wird.

Auch die Lehre zur Höheren Berufsbildung und Forschung ist für Personen von 18 bis 29 Jahren in Zukunft möglich. Sie bildet die dritte Säule des neuen Lehrlingsmodells und hat den Abschluss einer Universität, einer Höheren Technischen Bildungseinrichtung oder ein Forschungsdoktorat zum Ziel.

Neben der Neuregelung der Lehre vereinfacht das heute verabschiedete Landesgesetz auch einige bürokratische Abläufe für die Arbeitgeber. Das Gesetz wird nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Region Mitte Juli 2012 in Kraft treten. Zurzeit wird beim Land schon die Umsetzung vorbereitet. Wichtigster Punkt sind derzeit die Verhandlungen mit den Sozialpartnern, in denen abgeklärt wird, in welchen Lehrberufen die Lehre drei und in welchen vier Jahre lang dauern soll.

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