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Kulturkooperationen mit Österreich: Keine Einbahnstraße mehr
Eine gemeinsame Lehrerausbildung, die Förderung von Theatervorstellungen des Südtiroler Kulturinstituts oder eigene Studienrichtungen an österreichischen Universitäten: Die Liste der Kooperationen im Bildungs- und Kulturbereich zwischen Südtirol und Österreich ist lang. Heute (21. Juni) haben Österreichs Bildungs- und Kulturministerin Claudia Schmied und Landesrätin Sabina Kasslatter Mur im Bozner Museion Bilanz gezogen.
War die österreichische Kulturförderung in den vergangenen Jahrzehnten Garant für die kulturelle Entwicklung in Südtirol, so hat sich in den vergangenen Jahren ein reger und intensiver Austausch im Kultur- und Bildungsbereich entwickelt. Bundesministerin Schmied und Landesrätin Kasslatter Mur haben in einem Pressegespräch die gegenwärtigen Bildungs- und Kulturkooperationen vorgestellt. Anlass dafür war das gemeinsame Ausstellungsprojekt "Desiring the Real. Austrian Contemporary" von Kunst Meran, Museion und Kulturinstitut, das vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur initiert und finanziert worden ist.
Landesrätin Kasslatter Mur unterstrich einleitend, dass auch in Zeiten einer gut ausgebauten Autonomie und der europäischen Integration ein kultureller Austausch für die deutsch- und ladinische Minderheit von eminenter Wichtigkeit sei: „Wir laufen in Südtirol oft Gefahr, Nabelschau zu betreiben und das ist gerade im Kunst- und Kulturbereich tödlich. Wir sind angewiesen auf den Austausch mit den großen Zentren im deutschen Sprachraum, weil wir sonst die wichtigsten Entwicklungen verpassen. Deshalb müssen wir immer wieder die Verbindung mit den Kulturzentren vor allem in Österreich herstellen."
Bezug nehmend auf die aktuelle Ausstellung „Desiring the Real" betonte Ministerin Schmied, dass die Kooperation mit Südtirol im zeitgenössischen Bereich ausbaufähig sei, während die Zusammenarbeit zum Erhalt von Kultur und Sprache sehr lange Tradition habe: „Wir wollen die deusch- und ladinischsprachigen Südtiroler in ihrer Entwicklung unterstützen und begleiten. Gerade durch den europäischen Integrationsprozess hat der Zusammenhalt zwischen Österreich und Südtirol zugenommen und es ist normal geworden, von Südtirol als zehntem Bundesland zu sprechen."
Seit jeher sei es das Bestreben des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur gewesen, so Ministerin Schmied weiter, der deutschsprachigen Bevölkerung in Südtirol finanzielle Mittel für die weitere Pflege des Brauchtums, der Kunst und Kultur und vor allem zur Erhaltung der deutschen Muttersprache österreichischer Ausprägung zur Verfügung zu stellen.
Im Bildungsbereich würdigte Ministerin Claudia Schmied die Leistungen des Südtiroler Bildungswesens, die gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen: „Ich möchte die Vorbildfunktion Südtirols im Bildungsbereich unterstreichen. In bildungspolitischen Diskussionen in Österreich verweise ich immer wieder auf das Modell Südtirol mit seinem Bekenntnis zur inklusiven Pädagogik. Dieses Modell ist für uns ein Vorbild und deshalb freue ich mich, dass es kürzlich gelungen ist, die inklusive Pädgogik in unserer Ausbildung zur Pflicht zu machen. Dieses Beispiel zeigt, dass die enge Zusammenarbeit mit Südtirol bei weitem nicht mehr eine Einbahnstraße ist."
Der zweite Bereich, der für Ministerin Schmied Vorbildcharakter hat, ist das Bibliothekswesen: „In Südtirol sind Bibliotheken Orte der Bildung und werden als öffentlicher Raum wahrgenommen. Bibliotheken sind hier öffentliche Schutzräume, in denen wir uns dem kulturellen Austausch widmen können. Südtirol dient mir in diesem Feld als Beispiel."
Das österreichische Kulturministerium fördert nicht nur Projekte, sondern auch Institutionen, die kulturelle Aufgaben innerhalb der deutschsprachigen Volksgruppe wahrnehmen. Dazu gehört an erster Stelle das Südtiroler Kulturinstitut, das bei Theatervorführungen österreichischer Theater und Lesungen zeitgenössischer Literatur unterstützt wird. Außerdem werden deutschsprachige Kulturzeitschriften und Publikationen gefördert. Das Ministerium fördert auch jährliche Städtefahrten für Südtiroler Schülerinnen und Schüler, damit der innere Bezug der Jugendlichen zu Österreich erhalten bleibt und vertieft wird.
Im Bildungsbereich fördert das Ministerium einerseits die Durchführung der Studienrichtung "italienisches Recht", die extra für die Südtiroler Studierenden eingeführt worden ist und die zum Teil auch in italienischer Sprache durchgeführt wird, andererseits werden Südtiroler Assistentinnen und Assistenten durch Stipendien unterstützt. Auf Grund einer Kooperationsvereinbarung zwischen dem Bundesministerium und dem Deutschen Schulamt und in Kooperation mit dem Landesschulrat für Tirol haben Absolventen eines universitären Lehramtsstudiums ohne Unterrichtspraktikum die Möglichkeit, am Lehrervermittlungsprogramm „Lehren und Lernen in Südtirol" teilzunehmen. Jährlich besuchen Südtiroler Lehrer und Lehrerinnen 30 Seminare in Tirol und ebenso viele Seminare werden von Tiroler Lehrern in Südtirol besucht.
Eine Bildergalerie zum Pressegespräch mit Fotos in Hochauflösung gibt's hier.
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