Aktuelles

Renaissance der Kräuter: 1500 Interessierte besuchten Ausstellung im Meraner Kurhaus

LPA - 1500 Besucherinnen und Besucher haben die organisierenden Fachschulen für Landwirtschaft sowie Hauswirtschaft und Ernährung bei der dritten Auflage des "Kräuter-Festivals" heute (26. Oktober) im Meraner Kurhaus gezählt. Sechzehn Kräuteranbauer haben dabei ihre Kräuter und daraus hergestellen Produkte ausgestellt.

1500 Besucherinnen und Besucher kamen heute zum dritten Kräuterfestival ins Meraner Kurhaus.

Das Wissen um Wirkung und Einsatzorte von Kräutern wurde durch die Medizin zwar etwas zurückgedrängt, aber ganz vergessen worden ist es nicht, im Gegenteil: "Kräuter", erklärt Ute Kössler von der Fachschule für Obst-, Wein- und Gartenbau Laimburg, "erleben in Südtirol seit Jahren eine Renaissance". Die Haus- und Landwirtschaftsschulen in Südtirol sind den Wünschen der Kräuteranbauer nachgekommen und bilden sie seit rund 15 Jahren bei intensiven Kräuterseminaren und -lehrgängen aus. An die 40 Kräuteranbauer gibt es in Südtirol, 16 haben heute ihre Produekte gezeigt; sie stammen aus dem Ahrntal, aus Pfalzen, Vintl, Niederolang, Rodeneck, Brixen, Pfitsch, Barbian, Kastelruth, Taisten/Welsberg, Auer, Kaltern, St. Felix, St. Nikolaus/Ulten, Goldrain und Stilfs.

Die Direktorin der Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung Frankenberg Mechthild von Spinn hat die Veranstaltung organisiert und freut sich über das wachsende Interesse in der Bevölkerung. Der Wunsch nach einer gesunden Lebensweise, wozu die vielfältige Verwendung von Kräutern gehört, werde immer größer: "Manche Leute warten inzwischen schon ganz hart auf unser Festival", unterstreicht sie. Die Menschen würden sich im Kurhaus mit einem Jahresbedarf an Heilkräutern für Aufgüsse, zum Inhalieren, Würzen, Waschen, Riechen und Cremen eindecken. Was sonst auf Hofläden oder Wochenmärkten aufwändig gesucht werden muss, ist beim Kräuterfestival im Kurhaus an einem Ort versammelt.

Die Burgstaller Apothekerin Tanja Nart informierte über die Einsatzbereiche von Heilkräutern und wies darauf hin, dass Kamillenblüten in keinem Haushalt fehlen sollten: als Tee eingenommen seien sie bei krampfartigen Magen-Darm-Beschwerden, Gastritis und Erkrankungen im Mund- und Rachenraum sehr hilfreich; äußerlich könne man Kamillentee bei Neurodermitis oder anderen Hautekzemen verwenden. Pfefferminztee hingegen helfe bei Übelkeit und Erbrechen, aber auch bei Verdauungsproblemen. Ätherisches Pfefferminzöl könne bei Spannungskopfschmerzen mittels Einreiben der Schläfen für Entspannung sorgen, bei produktivem Husten empfahl sie zum Inhalieren mit dem Öl. Eine Arnikatinktur zum Einreiben bei Gelenksbeschwerden sei jedem bekannt, meinte sie.

Hintergrund: Die klimatischen Bedingungen bilden für Gewürze und Kräutern in Südtirol ideale Bedingungen. In Südtirol hat das Kräutersammeln eine lange Tradition. Durch das günstige Klima in vielen Gegenden gedeihen bis zu 120 verschiedene Heil- und Gewürzpflanzen. Die sonnige Lage im Bergland und die kleinen Anbauflächen bedingen eine natürliche Resistenz der Heil- und Gewürzpflanzen, sodass auf chemische Eingriffe verzichtet werden kann. Die heimische Kräuterkultur stellt einen alternativen Wirtschaftszweig im Bereich der Berglandwirtschaft dar.

Kräuteranbau sichert bäuerlichen Familien ein zusätzliches Einkommen. Insgesamt werden in Südtirol auf einer Fläche von viereinhalb Hektar Heil- und Gewürzkräuter nach strengen ökologischen und biologischen Richtlinien angebaut. Durch Veredelung schaffen sich die Kräuterbauern einen interessanten Zuerwerb, für manche sind die Kräuter bereits zum Haupterwerb geworden: Sie verarbeiten sie zu Kräuteraufguss-Mischungen (über 150 verschiedene) und Kräutersalzen, brennen Schnäpse oder setzen Liköre an, destillieren ätherische Öle, füllen Kräuterkissen, stellen ihre Kräuter autorisierten Betrieben zur Herstellung von Cremes, Lotionen und Salben zur Verfügung, bereiten Einreibungen zu oder reichern Käse und Brote mit Kräutern an.

In den späten 1970er-Jahren wurden im Biologischen Landeslabor in Leifers erste Anbauversuche gestartet. 1982 begann eine Gruppe von acht interessierten Personen, den Kräuteranbau als Nebenerwerb zu betreiben. Seit 1991 wird der Kräuteranbau vom Versuchszentrum Laimburg betreut. Er erfolgt nach strengen ökologischen Richtlinien. Zudem sind von den Anbauern technische Voraussetzungen (z.B. Trocknungsanlage) und sanitäre Auflagen zu erfüllen. Die notwendigen Fachkompetenzen erhalten die Kräuteranbauer im "Qualifizierungskurs Kräuteranbau/-verarbeitung", den die Fachschule Laimburg in Zusammenarbeit mit dem versuchszentrum Laimburg, der Umweltagentur, dem Dienst für Hygiene und Öffentliche Gesundheit seit 1990 jährlich anbietet. Der Besuch dieses Ausbildungskurses und die erfolgreich bestandenen Prüfungen sind Voraussetzung, um eine Genehmigung zum Anbau und Verarbeitung von Kräutern in Südtirol zu erhalten.

Um die Effizienz im Kräuteranbau zu sichern, wurde am 30. November 1996 die "Vereinigung Südtiroler Kräuteranbauer" gegründet, die heute 23 Mitglieder umfasst. Das Ziel der Vereinigung ist, qualitativ hochwertige Produkte anzubieten. Sieben der Mitglieder haben sich zusätzlich unter der "Dachmarke Südtirol" zusammengefunden. Ihre Produkte erfüllen besonders strenge Qualitätsauflagen und bürgen für Qualität auf höchstem Niveau.

Insgesamt gibt es in ganz Südtirol etwa 40 Kräuteranbau-Betriebe. Vor allem in den Mittelgebirgslagen werden Kräuter angebaut. Der höchste Anbaubetrieb liegt in Ulten auf 1700 Metern Meereshöhe. Der Anbau erfolgt hauptsächlich als Nebenerwerb, mancherorts aber auch im Haupterwerb.

Die Vermarktung der Produkte erfolgt im Ab-Hof-Verkauf, auf Bauernmärkten und Biofesten. Einzelne Anbauer beliefern auch Drogerien und sogenannte "Erboristerie" in Italien. Kunden sind zur Hälfte italienische Urlaubsgäste, jeder vierte kommt aus einem anderen EU-Land, zu 25 Prozent sind es Einheimische.

Die wichtigsten in Südtirol angebauten Kräuterarten sind Pfefferminze, Zitronenmelisse, Ringelblume, Kornblume, Kamille, Goldmelisse, Lavendel, Salbei. Von den Gewürzpflanzen werden Thymian, Majoran, Origano, Bohnenkraut, Gewürzfenchel, Rosmarin, Brotklee, Schnittlauch.

Der Kräuteranbau wird durch das Dekret des Landeshauptmanns vom 26. September 2008, Nr. 52  "Anbau, Ernte, Verarbeitung, Zubereitung, Verpackung und Verkauf von landwirtschaftlichen Produkten und Heilpflanzen" geregelt; es enthält auch die aktuelle Liste der Pflanzen, die in der Provinz Bozen angebaut werden dürfen.

mac

Bildergalerie