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30-Jahre Landesarchiv: Kulinarischer Rückblick in Brixen
Ein Menu nach im Landesarchiv vorhandenen Rezepten haben die Schüler der Landesberufsschule fürs Gast- und Nahrungsmittelgewerbe "E. Hellenstainer" gekocht.
„Nicht nur Urkunden und Handschriften, sondern auch Zeugnisse des alltäglichen Lebens wie Kochbücher liefern wichtige Hinweise zu den Lebensgewohnheiten vergangener Zeiten“, sagte Evi Pechlaner vom Landesarchiv. Das Südtiroler Landesarchiv feiert heuer sein 30-jähriges Bestehen. Dazu organisiert es eine ganze Reihe unterschiedlichster Initiativen. Um Rezepte aus historischen Kochbüchern aus den Beständen des Südtiroler Landesarchivs ging es am 19. April in der Landesberufsschule für das Gast- und Nahrungsmittelgewerbe "Emma Hellenstainer" in Brixen. Die Schüler kochen für geladene Gäste aus dem Kulturbereich ein Menü aus alten Zeiten und lernten so die Vielfalt der Tiroler Küche in den vergangenen Jahrhunderten kennen.
Archivwürdig sind im Südtiroler Landesarchiv nämlich nicht nur aufwändig ausgefertigte Urkunden und Handschriften, sondern auch Zeugnisse alltäglichen Lebens, wie etwa Kochbücher, Lebensmittelrechnungen, Haushalts- und Aufschreibbücher, die uns heute wichtige Hinweise zu den Lebensgewohnheiten vergangener Zeiten liefern. So würden im Landesarchiv auch Familien- und Hausarchive verwahrt, in denen sich verschiedene Kochbücher und Rezepthefte finden lassen würden, so Pechlaner. Wie die Historikerin erklärte, reichen die meisten dieser Rezepte vom späten 17. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und stammen aus verschiedenen Gegenden in Südtirol, wie etwa dem Gadertal, dem Pustertal oder Bozen und Umgebung und zeigen überwiegend die Küche der gutbürgerlichen Haushalte und Gasthäuser.
„In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde vor allem mit dem gekocht, was Garten, Feld, Wald und Gewässer hergaben – neben Fleischspeisen überwogen Wild- und Geflügelgerichte“, erklärte Margot Pizzini vom Landesarchiv. Fische, Krebse, Schnecken und Frösche galten als Fleischersatz und bereicherten ebenso wie Süßspeisen die schmale Kost der Fastentage vor Weihnachten, vor Ostern und immer freitags, berichtete die Historikerin. Wie Pizzini erklärte, waren die meisten Rezepte sehr reichhaltig, denn Butter, Rahm, Milch und Eier wurden großzügig verwendet. Weiters gab es oft Mandeln, Marillen, Quitten, Suppengrün und Spinat.
Die Kochbücher aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts enthalten laut Pizzini hingegen bereits zahlreiche Rezepte aus der Donaumonarchie und den Nachbarländern, die vielfältige kulturelle Einflüsse widerspiegeln. Zusätzlich gebe es oft auch Rezepte für Hausmittel gegen Gebrechen wie etwa Kreuzschmerzen, so die Historikerin. Oft sind die Rezepte in der Familie weitergeben und weitergeschrieben worden, wie verschiedene Handschriften zeigen. Dies könne auch für die angehenden Köche der Hellenstainer eine Anregung sein, meinten die Vertreter des Landesarchivs.
Das Südtiroler Landesarchiv begeht heuer sein 30-jähriges Bestehen. Als eines der drei Ämter der Landesabteilung Denkmalpflege verwahrt es Archivbestände vom 13. Jahrhundert bis in die unmittelbare Gegenwart. Diese stellen einen zentralen Teil des kulturellen Erbes und historischen Gedächtnisses des Landes dar. Zu seinen Kernaufgaben gehört die Übernahme archivwürdigen Schriftguts der Südtiroler Landesverwaltung, verschiedener Körperschaften, sowie privater Bestände, wie Adelsarchive, Nachlässe und fotografische Bestände. Außerdem forscht das Archiv im landes- und regionalgeschichtlichen Bereich, erstellt eine archiveigene Schriftenreihe und betreut die in Südtirol tätigen Chronisten.
SAN